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Teilprojekt B11


Theorie und Praxis der rituellen Reinheit im mittelalterlichen aschkenasischen Judentum - Ritual Purity in Medieval Ashkenaz

Fachgebiet und Ausrichtung: Jüdische Studien

Teilprojektleiter/-in

Prof. Dr. Hanna Liss
Hanna.liss@hfjs.eu

Hochschule für Jüdische Studien
Landfriedstr. 12
69117 Heidelberg
 
Telefon: 06221 - 912526
Telefax: 06221 - 4385129

Mitarbeiter/-innen

Anette Adelmann
anette.adelmann@hfjs.eu

Projektprogramm

Das Projekt beschäftigt sich mit den Gesetzen zur rituellen Reinheit im mittelalterlichen aschkenasischen Judentum im (christlichen) Mitteleuropa (Deutschland; Frankreich; England). Dies soll unter zwei Aspekten geschehen: 1. unter historischen und mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten (Übernahme der Gesetze zur rituellen Reinheit aus der biblischen und rabbinischen Epoche und ihre Innovation im 10.-15. Jh.) sowie 2. in systematischer Betrachtungsweise (die Kategorien rein/unrein, heilig/profan, gottgefällig/sündig in ihren symbolischen Darstellungen und deren Applikationen im sozialen Raum der Gemeinde wie des Einzelnen, Gestaltungsformen der Gesetze zur rituellen Reinheit bei den jeweiligen Trägergruppen).
Der Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Thema "Theorie und Praxis der rituellen Reinheit im mittelalterlichen aschkenasischen Judentum". Dabei sollen beide Aspekte der Gesetze zur rituellen Reinheit – Diskurs und Performanz – gleichermaßen in den Blick genommen werden. Dazu ist es notwendig, zunächst die mit den Gesetzen zur rituellen Reinheit verbundenen Rituale und die ihnen inhärente Dynamik aufzuarbeiten. Zu diesen gehören Reinigungsriten (das rituelle Tauchbad in der Miqwe als Ganzkörperwaschung, das rituelle Händewaschen), Rituale im Kontext ritueller Unreinheit durch Ausflüsse durch die/an den Geschlechtsorgane(n), Rituale im Kontext von Geschlechterbeziehungen, Diätvorschriften (Kashrut; Schächten; Fasten), lebenszyklische Rituale, Rituale nach Berührung mit Unreinem, Bußriten/Kasteiungen sowie die Revitalisierung biblisch-priesterlicher Kultpraktiken. Bei dieser Deskription der inneren und äußeren Akte (Performanz) ist nicht nur die Frage nach der Relation von Skript und Performanz, sondern auch die raumzeitliche Verortung gewisser Rituale zu bearbeiten. Mit Blick auf das mittelalterliche Judentum im (christlichen) Mitteleuropa lässt sich nämlich eine Verstärkung der theoretischen und/oder praktischen Ritualgesetzgebung im engeren zeitlichen Anschluss an Verfolgungen und/oder andere Katastrophen beobachten.
In einem zweiten Schritt soll daher der in den mittelalterlichen Quellen erkennbare Diskurs über die rituelle Reinheit untersucht werden (die Symbolik von Rein und Unrein und die dieser Dichotomie inhärente Dynamik, die Reflexion über die intentio solemnis und die Veränderung der Wahrnehmung dieser Symbolik in Relation zur rituellen Performanz, sowie die vermittels der Gesetze zur rituellen Reinheit konstituierte Relation von Individuum und Kollektiv).
Ziel des Projektes ist die systematische Erfassung autochthoner Ritualreflexionen über die Reinigungsrituale im mittelalterlichen Judentum und der damit verbundene Nachweis einer aus dem Skript herleitbaren Ritualdynamik.

Themenschwerpunkte

Ritualdynamik und Krisenbewältigung
Ritual und Halacha
Reinheitsdiskurse in der sog. esoterischen Theologie (torat ha-sod)